Pullach hat neue Farben bekommen. Man findet sie
überall: auf Parkbänken, auf der Straße, auf dem Fußballplatz, an der Isar und
zuletzt auch auf der Sonnwendfeier.
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Flüchtlinge aus 13 Nationen leben seit Pfingsten im Herzen unserer gepflegten,
wohl situierten Gemeinde.
Ein ungewohntes Bild ist das.
Gewöhnungsbedürftig.
Meinen Mann und mich trieb vor etwa 3 Wochen die
Neugierde: Was sind das für Menschen? Können wir uns dorthin wagen? Halten wir
so viel Fremdheit aus?
Wir haben uns getraut – und ...
waren überwältigt. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie viele Hände ich schon bei unserem ersten Besuch geschüttelt habe. Sehr viel Herzlichkeit schlug uns da entgegen, ebenfalls Neugierde und Dankbarkeit für die Begegnung.
waren überwältigt. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie viele Hände ich schon bei unserem ersten Besuch geschüttelt habe. Sehr viel Herzlichkeit schlug uns da entgegen, ebenfalls Neugierde und Dankbarkeit für die Begegnung.
Aber zugleich war auch eine tiefe Bedrücktheit
zu spüren. In den Gesichtern konnte man vieles von dem Elend lesen, das sich
wohl auf der Flucht und in der Notzeit davor eingeprägt hat. „I need help.“
Ja, so ist es. Diese zumeist sehr jungen Männer
haben nichts als ihr Leben und eine kleine Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Abgeschnitten von ihrer Familie und ihren sozialen Bezügen in der Heimat sind
sie hier in einer fremden Welt gelandet, in der sie sich völlig verloren fühlen
und die ihnen den Zugang verweigert. Denn wie soll man auch verstehen können,
dass in Deutschland die Garagen für die Autos größer und besser sind als in der
Heimat die Häuser für eine Großfamilie? Dass sich hier das Leben hauptsächlich
hinter Hecken und Mauern abspielt? Dass die Menschen in Autos vorbeifahren und
einem kaum Beachtung schenken? Dass
es hier selbst im Sommer bitter kalt sein kann?
Uns hat
diese erste Begegnung nicht mehr losgelassen. Seither nutzen wir jede freie
Minute, um bei „unseren“ Flüchtlingen vorbeizuschauen. Wir geben
Deutschunterricht, bieten kleine Unternehmungen an, beantworten Fragen und vor
allem: Wir zeigen uns dort, hören zu, spenden ein freundliches Wort.
Ja, das ist zeitaufwendig. Aber wir bekommen
sehr viel zurück. Diese Menschen sind eine Bereicherung. Sie haben eine Fülle an
elementaren Erfahrungen mitgebracht, die uns hier völlig unbekannt sind. Aber
sie fühlen wie wir und denken kaum anders als wir. Ich spüre eine erstaunliche
Herzensbildung und Menschlichkeit und erlebe das als großes Geschenk. Es ist
nicht schwer, mit ihnen zu kommunizieren. Viele sprechen gut englisch oder
französisch, manche auch italienisch. Aber es reicht meist ein freundlicher Satz
auf Deutsch, um eine Brücke zu bauen.
Wir haben gerade eine große Chance, in unserem
Pullach Menschlichkeit zu zeigen und zu erleben. Denn in diesem Sommer ist hier
die Welt zu Hause. Wenn wir uns ihr öffnen, dann machen wir sie ein wenig besser
und bringen neue Farbe in unser Leben.
Schauen auch Sie vorbei, wagen Sie es! Bauen Sie
Brücken! Sie werden reich belohnt werden.
Geschrieben am Weltflüchtlingstag, 20.Juni 2015
von Hedwig Rost
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