Samstag, 12. April 2014

Der Augenblick des Fensters

Unterwegs in London. Unser Flieger geht erst mittags – so bleibt in der Frühe noch etwas Zeit für einen kleinen Rundgang durch die Innenstadt. Wir kommen zum Trafalgar Square und besuchen ‚St. Martin in the Fields’, eine Kirche, deren Namen den meisten Kennern klassischer Musik bekannt sein wird. Das große Ostfenster bannt unseren Blick, und ohne in einem Führer nachgelesen zu haben fließen die Assoziationen: aufgebogene Gitterstäbe, Flucht – ER ist nicht mehr hier, aber vielleicht dort, im Freien, wir schauen ihm nach, ER ruft uns hinaus …
Hat die persische Künstlerin Shirazeh Houshiary bei der Gestaltung des Fensters an so etwas gedacht? An Befreiungstheologie? Zielt nicht alle wohlverstandene Theologie auf Befreiung? Und lässt sich ein Tod am Kreuz als Befreiung sehen?
Die Kirche ist still, in einigen Bänken sitzen Obdachlose – schlafend. Oder sie unterhalten sich leise. Erst sind wir irritiert. Aber wir sehen: Sie sind geduldet, ja – willkommen! Natürlich – St. Martin! Unsere Gedanken treten schon den Heimflug an, wir denken an Kirchenfenster und daran, wie schwer es war, einen Standort für den Isartaler Tisch  zu finden – bitte möglichst außer Sichtweite!
We deal with life as it is, rather than as we might want it to be – uns geht es mehr um das Leben, so wie es ist – und weniger, wie wir es gern hätten. So heißt es dort in einer Erklärung der Gemeinde. Beseelt treten wir den Heimflug an.
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Dienstag, 1. April 2014

Das 2.Gebot

Unterwegs in London. Am Südufer der Themse, den Southbanks, weht ein kalter Wind. In einem umgestalteten Industriegebäude ist eine Ausstellung über die LRA angekündigt, die Lord’s Resistance Army, die in Uganda 19 Jahre lang einen blutigen Bürgerkrieg führte und auch heute noch in den Nachbarstaaten operiert. Immerhin gibt es gegen Joseph Kony, den Anführer, inzwischen einen internationalen Haftbefehl.
Fürchterliche Bilder sind da zu sehen, grauenvolle Berichte zu lesen, Kindersoldaten, Folter, Verstümmelung, Mord. WelcherLORD’ musste dafür seinen Namen hergeben, musste die maßlosen Verbrechen zulassen, die hier in seinem Namen begangen wurden und immer noch werden? Das Wort 'War-Lord' kommt uns in den Sinn. Und immer wieder die alte Frage: Wieso lässt Gott das zu? Fast hilflos klingt da das 2. Gebot.
Christian Aid  heißt die Initiative, die hinter dieser Ausstellung steht, die sich für die Wiedereingliederung der Kindersoldaten engagiert, für die Heilung der Traumatisierten, für die Versorgung der zutiefst Verletzten. Fröstelnd verlassen wir die Räume, und draußen am windigen Flussufer ist uns jetzt fast wärmer als eben noch in der Ausstellung.
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