Sonntag, 17. August 2014

Asylbewerber und Flüchtlinge auch in unserer Gemeinde

Ein Gastbeitrag von Johannes Schuster 
Die sog. „Flüchtlingswelle“ erreicht in Form eines kleinen Rinnsales inzwischen auch unsere Gemeinde. Laut Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge reden wir im Landkreis München von insgesamt 1.223 Menschen, davon entfallen auf Pullach nur 28. Das sind 0,32 % unserer Einwohner. Trotzdem gibt es Ängste und Diskussionen, die auf unzureichende Information zurückzuführen sind. Dabei werden wir mit zwei Themenkomplexen konfrontiert.

Der erste beinhaltet die zwischenmenschliche Seite. Es geht um unsere Mitmenschlichkeit, Gastfreundschaft und Toleranz. Hier stehen wir klar in der Pflicht - als Christ in ganz besonderer Weise. Unglücklicherweise wird aber oft die Kehrseite dieser Medaille ausgeklammert. Jemand, der diese Gastfreundschaft in Anspruch nimmt, muss den Gastgeber und dessen „Haus“ respektieren. Wer jedoch außer Stande ist, sich dessen Gepflogenheiten anzupassen oder diese zumindest zu akzeptieren, ja der ist dann in diesem „Hause“ falsch und sucht sich besser ein anderes.
Der zweite Aspekt sind die nüchternen Regeln, Fakten und Zuständigkeiten. Es beginnt bereits bei der Unterscheidung zwischen Asylbewerbern und Flüchtlingen.
Asylbewerber sind Menschen, die in ihrem Heimatstaat politisch verfolgt werden. Allgemeine Notsituationen (Armut, Bürgerkrieg, Naturkatastrophen, Perspektivlosigkeit) berechtigen nicht zu Asylgewährung. Asylbewerber werden nach dem Asylrecht behandelt. Eine Einreise über sichere Drittstaaten schließt eine Anerkennung aus.
Flüchtlinge sind Menschen, die in ihrem Heimatland politisch verfolgt werden oder wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe von Gewalt bedroht sind. Sie werden nach der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 behandelt. Eine Einreise über Drittstaaten ist möglich. Im Unterschied zu Asylbewerbern muss die Bedrohung nicht vom Staat ausgehen, sondern kann auch von Parteien und Organisationen herrühren.
Im Augenblick geht es bei uns um Asylbewerber und das damit verbundene Verfahren. Anerkennung oder Nichtanerkennung ist alleinige Sache des Bundes. Grundlage ist das Asylverfahrensgesetz. Die Bundesländer hingegen sind zuständig für die Unterbringung, Versorgung und Betreuung der Asylbewerber sowie der Aufenthaltsgestaltung und ggf. aufenthaltsbeendigender Maßnahmen nach Verfahrensabschluss. Für die tatsächliche räumliche Unterbringung sind die jeweiligen Bezirksregierungen verantwortlich. Wenn deren Kapazitäten nicht ausreichen, was schon lange der Fall ist, werden die Landratsämter für die sog. dezentrale Unterbringung herangezogen. Die Gemeinden selbst haben keine eigene Zuständigkeit, sondern müssen die Landratsämter bei der Unterbringung unterstützen.
Nach der Einreise und der Aufnahme in einer der zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen erfolgen die ersten verwaltungstechnischen und medizinischen Maßnahmen. Inzwischen sind diese Einrichtungen hoffnungslos überbelegt. Darum verteilt die Regierung von Oberbayern die Asylbewerber anhand einer gesetzlichen Quote an die Landkreise. Werden vom jeweils betroffenen Landratsamt keine freien Plätze gemeldet, so werden die Asylbewerber auch schon mal direkt an dieses geschickt. Das Mitspracherecht des Landratsamts gegenüber der Regierung beschränkt sich also i. W. auf die Freimeldung konkreter Wohnungen. Hier ist Fingerspitzengefühl für eine „gesunde Mischung“ von Alleinstehenden und Familien, deren Sozialverträglichkeit, Nationalität und Religionszugehörigkeit gefragt.
Die Gemeinden müssen nach den Bestimmungen des Aufnahmegesetzes den Landkreis unterstützen. Daraus ergeben sich zwar keine finanziellen Verpflichtungen, konkret bedeutet das jedoch, dass sie geeignete Immobilien, Grundstücke, Objekte und Kontakte zu den Eigentümern an das Landratsamt vermitteln müssen. Nach der Unterbringung muss die Gemeinde die Asylbewerber in ihrem täglichen Leben unterstützen. Insbesondere ein ehrenamtlicher Helferkreis, wie er sich auch in Pullach gerade gründet, ist dabei von großer Bedeutung.
Durch dieses Verteilungsverfahrens von Asylbewerbern ist es essentiell, dass die Bürger möglichst früh und umfassend darüber informiert werden, welche und wie viele Asylbewerber in die Gemeinde kommen und welche Bedürfnisse des täglichen (Zusammen-)Lebens dabei berücksichtigt werden müssen. Es gibt die Möglichkeit einer zentralen und/oder dezentralen Unterbringung. Die Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten und öffentlichen Verkehrsmitteln ist von großem Vorteil.
Nur zusammen wird es uns möglich sein, geeignete Unterkünfte zu finden und dabei möglichst die Anliegen und Wünsche aller Seiten zu erfüllen. Je früher wir damit beginnen und je offener wir mit dem Thema umgehen, desto mehr Gestaltungsmöglichkeiten werden wir haben und desto zufriedenstellender wird das Ergebnis für alle Seiten sein.

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