Ein Gastbeitrag von Johannes Schuster
Die sog.
„Flüchtlingswelle“ erreicht in Form eines kleinen Rinnsales inzwischen auch unsere
Gemeinde. Laut Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge reden wir
im Landkreis München von insgesamt 1.223 Menschen, davon entfallen auf Pullach nur
28. Das sind 0,32 % unserer Einwohner. Trotzdem gibt es Ängste und
Diskussionen, die auf unzureichende Information zurückzuführen sind. Dabei
werden wir mit zwei Themenkomplexen konfrontiert.
Der erste
beinhaltet die zwischenmenschliche Seite. Es geht um unsere Mitmenschlichkeit,
Gastfreundschaft und Toleranz. Hier stehen wir klar in der Pflicht - als Christ
in ganz besonderer Weise. Unglücklicherweise wird aber oft die Kehrseite dieser
Medaille ausgeklammert. Jemand, der diese Gastfreundschaft in Anspruch nimmt,
muss den Gastgeber und dessen „Haus“ respektieren. Wer jedoch außer Stande ist,
sich dessen Gepflogenheiten anzupassen oder diese zumindest zu akzeptieren, ja
der ist dann in diesem „Hause“ falsch und sucht sich besser ein anderes.
Der zweite
Aspekt sind die nüchternen Regeln, Fakten und Zuständigkeiten. Es beginnt
bereits bei der Unterscheidung zwischen Asylbewerbern und Flüchtlingen.
Asylbewerber
sind Menschen, die in ihrem Heimatstaat politisch verfolgt werden. Allgemeine
Notsituationen (Armut, Bürgerkrieg, Naturkatastrophen, Perspektivlosigkeit)
berechtigen nicht zu Asylgewährung. Asylbewerber werden nach dem Asylrecht behandelt. Eine Einreise über sichere
Drittstaaten schließt eine Anerkennung aus.
Flüchtlinge
sind Menschen, die in ihrem Heimatland politisch verfolgt werden oder wegen ihrer
Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer
bestimmten sozialen Gruppe von Gewalt bedroht sind. Sie werden nach der Genfer Flüchtlingskonvention von
1951 behandelt. Eine Einreise über Drittstaaten ist möglich. Im
Unterschied zu Asylbewerbern muss die Bedrohung nicht vom Staat ausgehen,
sondern kann auch von Parteien und Organisationen herrühren.
Im Augenblick
geht es bei uns um Asylbewerber und das damit verbundene Verfahren. Anerkennung
oder Nichtanerkennung ist alleinige Sache des Bundes. Grundlage ist das
Asylverfahrensgesetz. Die Bundesländer hingegen sind zuständig für die
Unterbringung, Versorgung und Betreuung der Asylbewerber sowie der
Aufenthaltsgestaltung und ggf. aufenthaltsbeendigender Maßnahmen nach
Verfahrensabschluss. Für die tatsächliche räumliche Unterbringung sind die
jeweiligen Bezirksregierungen verantwortlich. Wenn deren Kapazitäten nicht
ausreichen, was schon lange der Fall ist, werden die Landratsämter für die sog.
dezentrale Unterbringung herangezogen. Die Gemeinden selbst haben keine eigene
Zuständigkeit, sondern müssen die Landratsämter bei der Unterbringung
unterstützen.
Nach der
Einreise und der Aufnahme in einer der zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen
erfolgen die ersten verwaltungstechnischen und medizinischen Maßnahmen.
Inzwischen sind diese Einrichtungen hoffnungslos überbelegt. Darum verteilt die
Regierung von Oberbayern die Asylbewerber anhand einer gesetzlichen Quote an
die Landkreise. Werden vom jeweils betroffenen Landratsamt keine freien Plätze
gemeldet, so werden die Asylbewerber auch schon mal direkt an dieses geschickt.
Das Mitspracherecht des Landratsamts gegenüber der Regierung beschränkt sich
also i. W. auf die Freimeldung konkreter Wohnungen. Hier ist
Fingerspitzengefühl für eine „gesunde Mischung“ von Alleinstehenden und
Familien, deren Sozialverträglichkeit, Nationalität und Religionszugehörigkeit
gefragt.
Die Gemeinden
müssen nach den Bestimmungen des Aufnahmegesetzes den Landkreis unterstützen.
Daraus ergeben sich zwar keine finanziellen Verpflichtungen, konkret bedeutet
das jedoch, dass sie geeignete Immobilien, Grundstücke, Objekte und Kontakte zu
den Eigentümern an das Landratsamt vermitteln müssen. Nach der Unterbringung
muss die Gemeinde die Asylbewerber in ihrem täglichen Leben unterstützen.
Insbesondere ein ehrenamtlicher Helferkreis, wie er sich auch in Pullach gerade
gründet, ist dabei von großer Bedeutung.
Durch dieses
Verteilungsverfahrens von Asylbewerbern ist es essentiell, dass die Bürger
möglichst früh und umfassend darüber informiert werden, welche und wie viele
Asylbewerber in die Gemeinde kommen und welche Bedürfnisse des täglichen
(Zusammen-)Lebens dabei berücksichtigt werden müssen. Es gibt die Möglichkeit
einer zentralen und/oder dezentralen Unterbringung. Die Nähe zu
Einkaufsmöglichkeiten und öffentlichen Verkehrsmitteln ist von großem Vorteil.
Nur zusammen
wird es uns möglich sein, geeignete Unterkünfte zu finden und dabei möglichst
die Anliegen und Wünsche aller Seiten zu erfüllen. Je früher wir damit beginnen
und je offener wir mit dem Thema umgehen, desto mehr Gestaltungsmöglichkeiten
werden wir haben und desto zufriedenstellender wird das Ergebnis für alle
Seiten sein.
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