Montag, 27. Juli 2015

IM ABSEITS (Deutschland 2015 - 94 Min.)

Vorspann: An einer S-Bahnschranke steht eine lange Autoschlange. Zug fährt durch, Schranke bleibt unten. In einem SUV ein genervtes Telefonat: 'Ich schaff den Termin nicht, wir verschieben alles auf morgen!' Zug in der Gegenrichtung, die Schranke bleibt unten. Der Fahrer sieht auf der Seite ein Fußballfeld -  Afrikaner beim Spiel. Aus einer Laune heraus wendet er den SUV, stellt das Fahrzeug auf den P&R-Parkplatz, geht an den Spielfeldrand. Eine S-Bahn fährt durch, dann der Filmtitel und die Namen der Mitwirkenden. Die Schranke bleibt unten.

Film: Der Fahrer steht am Spielfeldrand, raucht nervös und telefoniert, laut und verärgert. Der Zuschauer erfährt: Der Mann ist Spielervermittler und Talent-Scout. Das Spiel, bis jetzt eher schemenhaft, kommt jetzt wirklich ins Bild, und vor allem zwei Spieler fallen ins Auge. Ballstreichler, athletisch und mit intuitivem Zusammenspiel. Ein Tor fällt. Der Scout lässt sein Smartphone sinken und beobachtet zunehmend gebannt die beiden Spieler. Der Gesprächsteilnehmer ist noch dran, wundert sich über die lange Pause, bis der Scout sagt: 'Aber ich glaub, ich hab da was anderes, ich melde mich wieder.'
Spiel ist vorbei, der Scout geht auf die beiden zu, spricht sie an. Sprachengemisch, Übersetzungsfehler, Missverständnisse. Adresse notiert, Einladung zum Probetraining, 'Ich hole euch morgen da ab.'

Nächster Tag: Die Adresse ist eine Turnhalle, Stockbetten, Scout wird beäugt und gleich von jemandem aggressiv angegangen, weil gestern irgendwas mit dem Essen  nicht gepasst hat. Hätte seinen SUV vielleicht besser um die Ecke parken sollen. Die beiden Spieler vom Vortag kommen, steigen ein, staunen über den Wagen.
Probetraining - die beiden spielen alle einfach an die Wand. Jahrhunderttalente! Didier Drogba im Doppelpack!

Vorschau: Wie könnte es weitergehen? Leider sind die beiden aus einem sicheren Herkunftsland, also droht Abschiebung. Aber bei solchen Spitzen-Sportlern kann man doch auch mal fünfe gerade sein lassen, und der Scout hat Beziehungen ... Allerdings ziehen die Beziehungen plötzlich nicht richtig mit, das böse Wort 'Wirtschaftsflüchtlinge' fällt, und da könnte doch jeder kommen ... Der Scout beschwört für die beiden eine große Zukunft bis hin zur Nationalmannschaft, na gut: Die Duldung wird verlängert. Es folgen noch ein paar Probleme und Verwicklungen, schöne Spielszenen, etwas Sportglamour, die beiden kommen schließlich groß raus, am Ende sieht man die anderen aus dem Lager mit ihren Rollkoffern zum Bahnhof gehen, die Schranke geht runter.

Ausblick: Ja, beim Sport kann es manchmal etwas schneller gehen mit der Aufenthaltsberechtigung, der Arbeitsgenehmigung und sogar mit der Einbürgerung. Das ist gesellschaftlich akzeptiert, doch vor diesem Hintergrund wird die Unaufrichtigkeit, mit der die Flüchtlings- und Zuwanderungsdebatte häufig geführt wird, besonders deutlich. Das Ganze ist natürlich ein Märchen, aber wer kürzlich die 'Pullacher Flüchtlinge' beim Baierbrunner Sommerlauf erlebt hat (1./2./3./4./6./7./9./10.Platz über 7,5 km), dem kommen auch schon mal solche Filmszenarien in den Sinn.

Abspann:  Zwei Tage nach diesem Post wird in verschiedenen Medien über Ousman Manneh berichtet: 'Vom Flüchtlingsheim in Richtung Bundesliga' - da scheint die Wirklichkeit die Fiktion einzuholen.

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