Freitag, 7. August 2015

Ein Sommer geht zu Ende

Wenn die Schatten länger werden und die Pullacher Familien aus dem Urlaub zurückkehren, wird die Turnhalle der Mittelschule wieder für den Sport zur Verfügung stehen. Viele Anwohner werden aufatmen, weil die Lärmbelästigung vorbei ist. Im „Wäldchen“ vor dem Rathaus wird es wieder freie Sitzplätze geben, ebenso auf dem Mäuerchen an der Musikschule.
Alles wird wieder so sein wie vorher. Die Gemeinde hat ihre Schuldigkeit, was die Aufnahme von Flüchtlingen anbetrifft, vorerst getan.
Und doch: Fehlt da nicht etwas? Nicht nur Norma und Lidl werden Umsatzeinbußen verspüren. Da fehlt eine besondere Lebendigkeit in Pullach. Da fehlt diese große Herausforderung an unsere Menschlichkeit. Es fehlt auch ein Stück Kultur. Wer hat nicht die Trommelgruppe aus Westafrika erlebt – beim Franzosenfest, beim Sommerfest der Mittelschule, beim Sommerkonzert der Musikschule oder auch einfach an der Isar? Oder den Triumph „unserer“ Flüchtlinge beim Baierbrunner Sommerlauf? Waren wir nicht auch ein wenig stolz, in unserem Pullach solche „Mannsbilder“ zu haben?
Afrikanische Musik und Sportlichkeit – Zeichen purer Lebensfreude?
Nein, dieser Schein trügt. Die meisten unserer Flüchtlinge sind schwer traumatisiert. Der Sport lenkt sie ab von ihren schmerzhaften Erinnerungen. Das gemeinsame Trommeln und Singen ist ein Rettungsanker, der ihnen ein wenig hilft, zu vergessen und ihre innere Not schöpferisch in Musik umzuwandeln.
Für das Konzert der Musikschule im Bürgerhaus haben sie ein Lied geschrieben, dessen Text weiter unten (Blogpost 'NICHT IM TRAUM' vom 20.7.15) wiedergegeben ist.
Liebe Pullacherinnen und Pullacher! Für viele dieser sehr jungen Männer ist der Abschied aus unserer Gemeinde und der Transfer an einen anderen Ort fatal. Bindungen sind hier gewachsen, die ihnen ein wenig Halt geben konnten und die nun fast lebensnotwendig geworden sind. Über die Entfernung werden sie sich kaum aufrechterhalten lassen.
Deshalb möchte ich Sie eindringlich bitten: Wenn Sie eine Wohnung oder ein Haus zu vermieten haben, stellen Sie es für einige dieser jungen Flüchtlinge zur Verfügung! Vielleicht steht Omas Häuschen leer und Sie wollen es noch nicht gleich verkaufen. Oder Sie haben eine ungenutzte Einliegerwohnung.
Das Landratsamt mietet auch befristet Objekte an. Es gibt ausreichend helfende Hände im Helferkreis, die die Verantwortung übernehmen für Gartenpflege, Instandhaltung und nicht zuletzt für die Einhaltung der deutschen Regeln des Zusammenlebens. Dass das gelingen könnte, dafür lege ich meine Hand ins Feuer.
Der Sommer neigt sich dem Ende zu. Die Schatten werden länger. Die leere Turnhalle in der Kagerbauerstraße wird für viele einen sehr langen Schatten werfen.

Hedwig Rost   

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